Daß Karl May (1842-1912) nie einen Fuß in den Wilden Westen setzte, ist hinlänglich bekannt. Seine wilde Jugend dagegen kaum: 

Armut, Blindheit, von Teufeln und Gendarmen gejagt, sieben Jahre Knast ... Mays Biografie liest sich wie ein Märchen. 

Und seine Werke als Liederkomponist dürften ebenso überraschen wie die Tatsache, daß es zu seiner Zeit in Nordamerika wahrhaftig deutschsprachige Countrymusik gab: 
Spirituals, Volks- und Kinderlieder mitten aus dem realen (Farm-)Alltag der Neuen Welt. Vieles davon im charakteristischen Gemisch süddeutscher Dialekte, dem “Pennsylvania Dutch”.

Der Liedermacher und -sammler Holger Saarmann und die Berliner Folkmusikerin Vivien Zeller (u.a. Geigerin bei TradTöchter, Kwart & Malbrook) bieten im Duo einen bunten, höchst unterhaltsamen Lieder- und Lese-Abend voller erstaunlicher (Wieder-)Entdeckungen.
Vorurteile gegenüber Countrymusik können den Überraschungseffekt steigern.

Das Programm wurde seit seiner Premiere (2005!) immer wieder umgestaltet.

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Presse-Zitate:


Erstaunlich authentisch sowohl musikalisch als auch in der Diktion ... Oft ist zu spüren, wie die bäuerlich geprägten Pioniere mit Galgenhumor den unerwarteten Widrigkeiten der Neuen Welt zu begegnen versuchten. Hörbar wird auch, wie sie sich allmählich akklimatisieren, etwa durch Aufnahme neu gelernter englischer Wörter in den heimischen Dialekt. Der klare Tenor des Liedermachers Holger Saarmann ... passt wunderbar sowohl zu den Cowboy- und Goldgräber-Songs in englischer als auch zu den Auswandererliedern in vorwiegend pfälzisch-schwäbischem Idiom. Vivien Zeller steuerte kongenial die Zweitstimme, vor allem aber ihr sensibles Spiel auf der Geige bei

Badische Zeitung



Eine Atmosphäre wie an einem Lagerfeuer im Wilden Westen: Von langsamen Balladen bis zu schnellen Volkstänzen – das Berliner Duo bot einen Rundumschlag. ... Nach drei Zugaben entließen Holger Saarmann und Vivien Zeller die Zuhörer wieder in die ungefährlichen Verhältnisse der Alten Welt.

Aichacher Nachrichten



„Die Lieder der Pennsylvania Dutch ... eingebettet in kabarettistische Leseszenen aus Winnetou III als eine aufrichtige wie ironische Reminiszenz an die Fantasiewelt des berühmten Künstlers, der sich wie die beiden Musiker einen Wilden Westen erschuf, ohne die Alte Welt bis dato je verlassen zu haben. ... 

Den einseitigen Darstellungen Karl Mays begegneten die Künstler dabei stets mit angemessener subtiler Ironie und kabarettistischem Gespür.

Neckar-Chronik



Ein Konzertbericht von Campus TV vom Konzert 
am 2. Oktober 2012 im "Sparkassen Carré" Tübingen.







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"Unser deitsche Brieder,

sie lewe so wie ich un du,

sie lewe so wie mir.

Stehne uff un liege so,

hocke hie un saufe Bier.

Unser deitsche Brieder,

sie lewe so wie mir."

(Pennsylvaniendeutsches Bekenntnis)

 




Wie und was sangen eigentlich die Deutschen in Amerika?



Auch ein Musiker benötigt für Amerika ein Einreisevisum – es sei denn, er führe als blinder Passagier, verborgen hinter zwei, drei Jahrhunderten, auf einem der Auswandererschiffe mit und lauschte den Liedern, die die Deutschen in der Fremde singen.

Was aber haben sie gesungen? Nur die alten Lieder der Heimat? Generationenlang, bis zur sprachlichen Assimilation? 

Wohl kaum! Sie müssen doch ihre ganz speziellen Lieder gehabt haben, diese Deutschen in der Neuen Welt des 18., 19. Jahrhunderts – auch Dichter, die sie erdachten und Barden, die sie unters Volk brachten.

Nicht in Amerika, sondern im Deutschen Volksliedarchiv in Freiburg erhielt ich Antwort auf meine Fragen: Es gebe Etliches an Liedern von den Pennsylvania Dutch,
Lieder von der Farm, Kinderlieder, Spirituals, ...

Dutch, das ist eine Laune der Sprachgeschichte: Dutch heißt ja eigentlich deutsch; das Wort ist eben älter als die Abspaltung der Niederlande vom Heiligen Römischen Reich im 15. Jahrhundert. Meyers Großes Taschenlexikon (5. Auflage, 1995) weiß: "Pennsylvaniadeutsch ist ein Gemisch aus südwestdeutschen Mundarten, wobei das Pfälzische in der Lautung, das Pfälzisch-Schwäbische im Wortschatz und das Fränkisch-Bairische in der Satzmelodie vorherrscht. Es wurde stark vom amerikanischen Englisch beeinflusst."

Pennsylvania, Nachbarstaat von New York, war das Zentrum der euro-amerikanischen Zivilisation. In Philadelphia wurde 1787 die Verfassung der USA verabschiedet (nach dem Modell der Verfassung vom Commonwealth of Massachusetts, 1780); zehn Jahre war Philadelphia Bundes-Regierungssitz. Nach den Vorstellungen des englischen Quäkers William Penn (1644-1718), der die ehemalige Kolonie nach seinem Vater, einem Admiral, benannte, sollte Pennsylvania ein Refugium für die Verfolgten aller Welt werden, ein Modellstaat, geprägt von weltanschaulichem Pluralismus und Toleranz. Sklaverei, wie in den Südstaaten, war hier verpönt!
Schon 1688 wurde hier öffentlich gegen den Menschenhandel protestiert – in einem fünf Jahre zuvor von Krefelder Mennoniten gegründeten Städtchen namens Germantown, der ersten deutschen Siedlung in Nordamerika. (>> Externer Link zu diesem Thema, >> Die Petition im originalen Wortlaut) Pennsylvania war ein moderner Staat, der Wilde Westen ganz woanders!

Und doch scheint heute gerade das deutsche Pennsylvanien für Wildwest-Nostalgiker ein geeignetes Reiseziel zu sein: In Lancaster County haben sich die Angehörigen der Amischen Sekte (einer Splittergruppe der Mennoniten) aus strenggläubig christlicher Tradition und Überzeugung dem Fortschritt der Neuzeit verweigert. In bewusster Abgrenzung zur restlichen Welt konnten hier alte deutsche Dialekte als Alltagssprache lebendig erhalten werden. Gottesdienste werden auf Hochdeutsch gehalten; die Amtssprache Englisch lernen die Kinder erst in der Schule. Von Autos und Strom wird allenfalls in Notfällen Gebrauch gemacht.

Aber Achtung: Mennoniten oder Amische zählen weder von ihren Dialekten noch von ihren Migrationshintergründen her zu den Pennsylvania Dutch! (Hier noch einige Details)

Die meisten echten Pennsylvania Dutch haben sich längst assimiliert. Nachdem aufgrund der Weltkriege die deutsche Sprache in den USA zunächst geächtet war und beinahe ausstarb, gab es in den letzten Jahrzehnten gefördert durch die Versammlingen der Traditionsvereine und den Kontakt zu dialekt-engagierten Pfälzern erfolgreiche Wiederbelebungsversuche, deren Ergebnisse auch im Internet präsent sind.

Lieder, so deutsch wie der Wilde Westen – das ergibt eine bunte Collage von Worten und Klängen aus und über Amerika. 

Sie ist aber nebenbei auch Widmung und Erinnerung an unseren Pionier im Geiste: Karl May (1842-1912), der auch ein begabter, wenngleich durchs Schreiben meist verhinderter Komponist und Musiker war.
Ehrlich gesagt haben mich seine Romane nie so sehr gepackt, daß ich nach zehn Bänden die restlichen sechzig lesen wollte. Auch sind mir nach über zwanzig Jahren kaum Erinnerungen geblieben, außer an Namen und Figuren und an die Marter der Spannung, die sich aber beim Versuch des Wiederlesens einfach nicht mehr einstellen will.
Wie packend ist dagegen die Biographie des Autors – obwohl sie fast ausschließlich in Sachsen spielt! Erstmals mit 57 Jahren reiste May in den Orient, erst als 66-jähriges Greenhorn nach Amerika. Die Niagarafälle waren das Wildeste und Westlichste, was er dort sah.

Das von uns zitierte Kapitel aus "Winnetou III" (1893) spielt im Staat Wyoming. Möglich, daß dort tatsächlich Deutsche siedelten. Die Darstellung von Helldorf Settlement und seinen Bewohnern ist nicht ganz unrealistisch; offenbar hat May aus authentischen Quellen geschöpft, vielleicht sogar Beschreibungen der Pennsylvania Dutch gelesen. Die Briefe des Mecklenburger Auswanderers Jürnjakob Swehn in Iowa kannte er allerdings nicht, denn die veröffentlichte Johannes Gillhoff, der Sohn des Empfängers, erst 1917. 



Erstes Plakat von Katalin Zenker zur Premiere 2005:

Die Ankündigung zu einem Missionsabend? Nein: 

Winnetous letzte Worte, bis 2010 auch Teil des Programms.

 




Hörproben aus "Lieder, so deutsch wie der Wilde Westen"



Ich war noch nie in Amerika, dabei locken dort so viele Dinge. Die meisten davon lassen sich singen, in neuen und alt-überlieferten Liedern. Oft sind es nicht die Worte, sondern Atmosphäre und Ausdruck eines Liedes, was da lockt. Und offenbar – das zeigt meine freie Übertragung des Appalachian Spirituals "Wayfaring Stranger" 
– inspirieren die Melodien aus diesem fremd-vertrauten, großen Land, das so viele Menschen über den Atlantik lockte, zu melancholischen Gedanken über Heimat und die Suche nach ihr.





Dank geht an

Barbara Boock, Michaela Zwenger und ihre KollegInnen im Deutschen Volksliedarchiv in Freiburg (Breisgau) für alle bibliothekarischen Dienste und für freundliche, geduldige und kompetente Auskünfte und Hilfen zu all meinen neugierigen Fragen.

Prof. Dr. Rolf Brednich, Ethnomusikologe im Ruhestand, der mir aus Neuseeland mit Tips und Zuspruch half.

Dr. Michael Werner, Roland Paul, Michael Geib (Deutsch-Pennsylvanischer Arbeitskreis) für weiterführende Tips aus der Pfalz.

John Schmid, Folksänger in Berlin, Ohio für hoffentlich anhaltenden lyrisch-musikalischen  Austausch.

Gerhard Kütbach, Inhaber des Antiquariats Geisterschmiede in Berlin-Prenzlberg, der mir hilfreiche und wichtige Informationen zu Karl May und zur Karl-May-Gesellschaft geben konnte.

den Karl-May-Verlag Bamberg für die freundliche Übersendung einer Kopiervorlage.


Das CD-Album zum Bühnenprogramm. Details im Shop.

alle Mitarbeiter der folgenden Spielorte: 

"Zimmer 16" (Premiere), "SISTERS coffee-bar", Verlängertes Wohnzimmer, Karl-May-Freundeskreis Wilmersdorf, Atelier Theater Wedding,
Kulturhaus Mitte, Zebrano-Theater, Periplaneta, Auferstehungskirche Friedrichshain (alle Berlin), Fenster zur Stadt (Nürnberg), ESG Bamberg, Weinstube Stadtmühle (Scheßlitz), Neustädter Kirche in Einbeck, Galgenberg-Restaurant/ "Kunstschnee" Hildesheim, die Musikscheune/ Museumsverein Freilichtmuseum Schwerin, Villa Musica (Ochtrup), Hennekens Hof (Bad Bentheim), Paul-Gerhard-Gemeinde Aichach, De Bäre (Deißlingen), Auerbachs Kellertheater & Stadt Staufen, Musikschule Rauenberg, Mennonitische Gemeinde Bolanden-Weierhof, Theater der Nacht (Northeim), Kirche Neutornow, Café Kreuz & Quer (Landau), Café AmErika (Horb), Café Bähre (Gehrden), Kulturkreis Bad Lauterberg, Verein Silberbüchse e.V. & Stadt Hohenstein-Ernstthal, Freie Kulturinitiative Höxter, Amalthea-Theater Paderborn, Ernst-Bloch-Zentrum Ludwigshafen, Alte Synagoge Hagenow, Johanneskirche Speyer, D.A.I. und Sparkasse Tübingen, Michls/ Schützenhaus Hechingen, Mehrgenerationenhaus, Arbeitskreis Kultur & Stadt Haiterbach, KKW Ettenheim, St. Lukas Kirche Augsburg, Ev.-Altreformierte Gemeinde Bad Bentheim, Villa Hecking Neuenkirchen, Das Kontor Schwerin, Café Budzinske Berlin, Sepp Maiers 2raumwohnung, Daetz-Zentrum Lichtenstein, ...

Vor allem aber danke ich Vivien Zeller, die dieses Programm mit ihrer Geige, ihren Ideen und ihrer Begeisterung bereichert!

Holger Saarmann


PS:

Gesammelte Hörproben gibt's hier, auf Soundcloud.

die CD Lieder, so deutsch wie der Wilde Westen hier, im Shop.






Literatur & externe Links:

Liedersammlungen:

Walter Boyer, Albert Buffington & Don Yoder (Hg.): Songs Along the Mahantongo. Lancaster, PA: Pennsylvania Dutch Folklore Center, 1951.

Albert Buffington (Hg.): Pennsylvania German Secular Folksongs.
Breinigsville, Pennsylvania German Society 1974.

George Korson (Hg.): Pennsylvania Songs and Legends. Baltimore 1949.

Don Yoder (Hg.): Pennsylvania Spirituals. Lancaster (Pennsylvania) 1961.

Austin & Alta Fife (Hg.): Cowboy & Western Songs. New York 1969.

Peter Zacher & Klaus-Georg Enlitz (Hg.): Sing a Song – Lieder der Völker Nordamerikas
                                                                                                                  Leipzig 1984.

Hartmut Kühne & Christoph F. Lorenz (Hg.): Karl May und die Musik. Bamberg 1999.


(Links zu herausragenden Internet-Liedersammlungen gibt es hier, auf meiner Links-Seite.)


(c) Holger Saarmann
>> Download (300 dpi, 616 KB)

Informatives & Unterhaltendes:

Don Yoder: Die Volkslieder der Pennsylvanien-Deutschen. In: Rolf Brednich, Lutz Röhrich & Wolfgang Suppan: Handbuch des Volksliedes, 

                     Band 2. München 1972.

Pennsylvania Dutch Country – Online-Infozentrale über Mennoniten, Amische, etc.


"Hiwwe Wie Driwwe"
– Privatarchiv pennsylvaniadeutscher Literatur  (viele Beiträge in Mundart!)

www.pennsylvania-german.de
deutsche Website über Pennsylvania Dutch (in Mundart!)

www.deitscherei.org
amerikanische Website über Pennsylvania Dutch (in Mundart!). Viele Links zu anderen Sites.

Pennsylvania Dutch Wikipedia


Wikipedia-Artikel zur Petition gegen Sklaverei, Germantown 1688

Bernd G. Längin: Die Amischen – Vom Geheimnis des einfachen Leben. List: Himberg 1990.
(Ein Erfahrungsbericht über die Amischen im US-Staat Indiana)

Michael Holzach: Das vergessene Volk – Ein Jahr bei den deutschen Hutterern in Kanada. dtv: München 1982.
(Noch ein Erfahrungsbericht, packend erzählt!)

Werner Krum: USA – Die Ostküste.
München 1981/ 88.

Wieland Herzfelde: Nachwort in Harriet Beecher-Stowe: Onkel Toms Hütte. (1852). Verlag Neues Leben, Berlin 1952, Auflage 1975 (!).


Karl-May-Gesellschaft: Unmengen an Quellentexten! Hier gibt's fast alle Texte von Karl May online zu lesen!

Karl-May-Stiftung Radebeul
in der Villa Shatterhand

Silberbüchse e.V.
Förderverein Karl-May-(Geburts-)Haus in Hohenstein-Ernstthal

Karl-May-Verlag Bamberg




Johannes Gillhoff: Jürnjakob Swehn, der Amerikafahrer. 1917. (Neuaufl. dtv: München 2001).
Jürnjakob Swehn - im Internet (ext. Link)

Karl May: Mein Leben und Streben (1910). Im Sammelband: Ich. Karl-May-Verlag Bamberg 2002.
Mein Leben und Streben - im Internet (ext. Link)

Karl-May-Stiftung - Biographische Notizen. Karl Mays "Lebenslauf" tabellarisch, aber sehr spannend und informativ!

Karl May: Winnetou III - im Internet (ext. Link)
(Achtung! Bei den populären Buchausgaben des Karl-May-Verlages Bamberg handelt es sich um stark bearbeitete Texte, die urheberrechtlich geschützt sind! Die im Internet veröffentlichten Versionen sind generell näher am Urtext.)

Mark Twain: Huckleberry Finn. 1882 - im Internet (ext. Link)





Interne Links  (Lieder, Hörproben & Kommentare):

Pennsylvania Dutch Traditionals
Lieder von Karl May

Ballade des armen Webersohnes Karl May

Follow the Drinking Gourd
She's like the Swallow
I'm just a poor wayfaring Stranger


>> Termine
>> Pressefotos zum Download

>> "How the West was Dutched" (engl. version)






Anmerkung zu Mennoniten und Amischen:

Amische
– und somit weitere kleine deutsche Sprachinseln mit Dialektvarianten – gibt es auch in Indiana, Michigan, Kansas, Wisconsin, Iowa – und sogar in Kanada, wo die Amischen neben den ur-kommunistischen Hutterern zu den ertragreichsten Farmern zählen.

Amische, Mennoniten und Hutterer sind sogenannte Wiedertäufer. Wegen ihrer biblisch begründeten Ablehnung der Kindstaufe wurden sie nicht nur von der katholischen Kirche, sondern bereits von den ersten Reformatoren verfolgt, was für Tausende Folter und Hinrichtung bedeutete. Kein Herrscher, der ihnen Asyl in seinem Reich gewährte, ließ sie lange in Frieden: Wann immer sie aus christlicher Überzeugung den Kriegsdienst verweigerten, war ihnen die nächste Unterdrückung gewiss. Erst in Nordamerika blieben sie weitgehend unbehelligt. Ihre Abschottung vom Rest der Welt begründen sie teils mit Bibelworten, teils mit den Erfahrungen ihrer Ahnen, die in blutrünstigen Moritaten überliefert sind.
(Empfohlen seien hier die Bücher von Michael Holzach und Bernd Längin
– s.o.)

1534, mit der Errichtung des (zum Glück kurzlebigen) Täuferreichs von Münster, machten Mennoniten ihrerseits Andersgläubigen das Leben zur Hölle.




Anmerkung zu Jürnjakob Swehn:

In dem Roman "Jürnjakob Swehn, der Amerikafahrer" (1917) hat der Dorfschullehrer Johannes Gillhoff (1861-1930)nach eigenem BekenntnisBriefe mehrerer Auswanderer aus seinem Heimatdorf Glaisin (ca. 10 km westlich von Ludwigslust/ Mecklenburg) verarbeitet. Der amerikanische Wissenschaftler Eldon L.Knuth (pensionierter Professor für Aeronautik, selber ein Nachkomme von Mecklenburger Auswanderern in Iowa) fand heraus, daß das Pseudonym "Jürnjakob Swehn" vor allem für den Briefeschreiber Carl Wiedow (* 1847) steht. Wiedow wanderte 1868 aus der sogenannten Griesen Gegend nach Amerika aus und ließ sich 1872 zusammen mit seiner Frau Catherina Elisabeth Schröder ("Wieschen", * 1847) als Farmer in Clayton County, Iowa nieder. Sie hatten fünf Kinder, deren Nachkommen zum Teil noch leben. Carl Wiedow starb 1913, "Wieschen" 1930. Beide liegen in Clayton County begraben, auf dem Friedhof der Kirche, von deren Bau "Jürnjakob" im Briefroman berichtet. Sie sind also nicht, wie dort im letzen Kapitel angedeutet wird, in ihre Heimat zurückgekehrt.

Die Infos sind entnommen aus der Zeitschrift "Mecklenburg", Ausgabe 3/98. Das dort abgebildete Foto der Familie Wiedow kann in der Dauerausstellung der "Gillhoff-Stuv" in Glaisin besichtigt werden. Oder aber auf dieser Website.

Gillhoff vernichtete nach eigenem Bekunden Carl Wiedows Briefe, als er den "Jürnjakob Swehn" beendet hatte. Offenbar wollte er so die Trennlinie zwischen Verbrieftem und Erdichtetem verwischen. Den philologischen Erkenntnissen der Gillhoff-Gesellschaft zufolge dürfte in Wahrheit nur etwa die Hälfte des Romans auf Briefen basieren. Manche Episoden des Romans stammen gar aus der Biographie Johannes Gillhoffs und seiner Familie. Hartmut Brun, Vorsitzender der Gillhoff-Gesellschaft, weist auch auf die sozialkritischen Untertöne des Buches hin, teils wohl Gillhoffs Kommentare zum wirtschaftlichen Elend Mecklenburgs zu Beginn des 20. Jahrhunderts.





                                    




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